Liebe Leserinnen und Leser,
während ich diese Zeilen schreibe, befinde ich mich auf der Fähre vom dänischen Hirtshals ins norwegische Larvik. Schleswig-Holstein biegt sich unter Orkanböen, und ich kann Ihnen versichern: Auch im Skagerrak schaukelt es ganz schön. Die Nacht ist so schwarz, man sieht die Hand vor Augen nicht, und das Tosen der Wellen sorgt für ein bedrohliches Grundrauschen. Es geht auf und ab. Auf und ab.
So ähnlich also wie beim THW Kiel und seinen Corona-Irrungen und -Wirrungen. Gerade einmal eine Woche ist es her, da war die Kieler Handballwelt noch halbwegs in Ordnung. Man sinnierte über den Re-Start, den Pokalsieg bei den Löwen, sehnte Niklas Landin zurück und fragte sich, was da wohl noch kommen mag. Und besonders lange ist es auch noch nicht her, dass ich mich an dieser Stelle darauf freute, den Job des Corona-Reporters bei der Europameisterschaft in Bratislava wieder gegen einen … sagen wir sportlicheren Fokus einzutauschen. Taktik, Tore, Temperamente. Oder so ähnlich.
Heute wissen wir: Es kam anders.
Hendrik Pekeler? Corona! Cheftrainer Filip Jicha? Corona. Seit gestern haben sich auch Jicha-Vertreter und
Co-Trainer Christian Sprenger sowie Keeper Dario Quenstedt einen Platz in der Infektionssprechstunde geschnappt. Hört das denn nie auf? So bleibt meinem Fotografenkollegen Sascha Klahn und mir also nichts anderes übrig als: negativ bleiben und guter Dinge sein. Geht schon. Irgendwie. Schließlich unternimmt man eine Reise nach Lillehammer, Olympiastadt von 1994, auch nicht alle Tage. Irgendwie ein ambivalentes Schauspiel zwischen dem Kieler Corona-Frost und diesem Wintermärchen in Lillehammer, wo die Norweger beim Königsklassenduell Elverum vs Kiel (Donnerstag, 18.45 Uhr,
Liveticker auf KN-online) in der Håkons Hall groß auffahren mit voraussichtlich 10000 Fans und einem ESC-Aspiranten als Halbzeit-Amüsement.
Und das Sportliche macht durchaus auch Spaß. Wenn man dem ganzen Chaos etwas Positives abgewinnen kann (abgesehen von den Testergebnissen der Infizierten), dann ist es die Tatsache, dass THW-Nachwuchskoordinator Klaus-Dieter Petersen so zu seinem Seitenlinien-Comeback bei den Zebras kommt. “Pitti”, die schwarz-weiße Vereinslegende, 340-maliger Nationalspieler, Titelhamster, Europameister, Zeremonienmeister war bis 2008 unter Noka Serdarusic schon einmal Co-Trainer, wird nun in Lillehammer die infizierten Jicha und Sprenger vertreten.
Zum Wiedersehen kommt es im verschneiten Norwegen mit Ex-Zebra Børge Lund, der Champions-League-Gegner Elverum trainiert. Und ein ganz besonderes Augenmerk sollte auch dem 21-jährigen Rückraumspieler Eric Johansson gelten. Der Youngster wechselt nach Informationen unserer Zeitung im Sommer an die Kieler Förde, wollte im Interview aber vor dem Spiel am liebsten noch nicht drüber reden. Das ist auch voll in Ordnung. Aber ich kann es Ihnen ja an dieser Stelle ruhig schon mal verraten.
Wir rollen von der Fähre, der Schnee knirscht irgendwann unter den Reifen. Drücken wir die Daumen, dass sich der Corona-Frost nun endlich legt und dieses Wintermärchen ein gesundes, ein verschneites, ein spannendes wird. Wenn Sie zu den rund 100 mitgereisten Fans gehören, die “Pitti” Petersen von der Tribüne aus in Lillehammer unterstützen werden: Viel Spaß! Wir sehen uns in der Arena oder auf dem Rückweg auf der Color Magic nach Kiel. Allen anderen wünsche ich viel Spaß an den Fernsehschirmen.
Passen Sie alle gut auf sich und Ihre Liebsten auf. Dann haben wir den Corona-Frost bald aus den Kleidern geschüttelt.
Ihr
Tamo Schwarz
THW-Reporter