Liebe Leserinnen und Leser,
das Kapitel Handball-EM ist für die deutsche Nationalmannschaft und Bundestrainer Alfred Gislason beendet. Nach einer guten Vorrunde war in der Hauptrunde nicht mehr viel zu holen. Wie denn auch? Lukas Stutzke vom Bergischen HC war am Mittwoch vor der Abreise der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) aus Bratislava der insgesamt 16. Akteur aus dem Kader von Alfred Gislason, der positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Was für ein Wahnsinn! In diesem Maße war keine andere Mannschaft bei den von der Pandemie überschatteten kontinentalen Titelkämpfen betroffen. Bis Donnerstag zählten die EM-Verantwortlichen weit mehr als 100 Corona-Fälle innerhalb der 24 teilnehmenden Teams.
Ein vorzeitiges EM-Aus kam für den DHB nicht infrage. Es drohten drakonische Strafen der Europäischen Handballföderation (EHF), darunter auch der
Entzug der Ausrichtung der Heim-EM 2024. Wirklich positioniert hat sich der DHB allerdings nicht, nominierte stattdessen einen Spieler nach dem anderen nach und brachte das EM-Chaos irgendwie hinter sich. Die beste Figur in Bratislava gab der Bundestrainer ab. Alfred Gislason schulterte die Rückschläge mit viel Gelassenheit und ließ seinen Worten, mit den jungen Spielern eine neue Mannschaft aufbauen zu wollen, Taten folgen. Der 62-jährige Isländer stand im ständigen Dialog mit seinen Schützlingen und zeigte ungeahnte Seiten.
Der ehemalige Erfolgstrainer des THW Kiel hat sich völlig neu erfunden. Das lässt hoffen für 2024, auch als Fazit bleibt: Von einigen Lichtblicken einmal abgesehen - die EM 2022 war in sportlicher Hinsicht ein Muster ohne Wert.
Gislason war - natürlich neben (
dem am Ende auch infizierten) Kreisläufer Patrick Wiencek und dem nachnominierten Rune Dahmke - nicht der Einzige im DHB-Tross mit Kiel-Bezug. Mannschaftsarzt
Dr. Philip Lübke aus Kiel hatte sich sein erstes großes Turnier bestimmt anders vorgestellt, avancierte zum “Corona-Manager”, bei dem alle Fäden zusammenliefen. Am Ende hat auch er sich infiziert, hatte aber schon vorher Unterstützung von seinem Kieler Kollegen Dr. Torsten Morschheuser bekommen. Und zu guter Letzt war es ein Krankentransport der Johanniter-Unfall-Hilfe, der die infizierten Spieler mit medizinischem Personal in ihre Heimat brachte.
Von dort aus müssen sie nun aus der Ferne betrachten, was von der Europameisterschaft übrig bleibt. Und das sind immerhin drei Kieler im Halbfinale: die Landin-Brüder Niklas und Magnus für Dänemark und nach einem Last-Minute-Krimi gegen Norwegen auch der pünktlich genesene und freigetestete Niclas Ekberg mit den Schweden. Wem drücken Sie die Daumen?
Viel Spaß beim EM-Finalwochenende, und passen Sie gut auf sich und Ihre Lieben auf!
Ihr
Tamo Schwarz
THW-Reporter